120 Jahre steinerner Zeuge eines Familiennamens. Ein sicherlich seltenes Motiv führte vor 120 Jahren, nämlich im Jahre 1887, den Bauern Joseph Bathe in Verne zur Errichtung einer Kapelle. Er bewirtschaftete einen ansehnlichen Hof von ca. 100 Morgen. Sein gerade in bäuerlichen Kreisen verständlicher Wunsch nach einem männlichen Erben als Träger des Familiennamens in der nächsten Generation ging nicht in Erfüllung; wohl schenkte seine Frau vier Töchtern das Leben. Sein nächstältester Bruder Johannes Bathe war vom Hof abgefunden, pachtete zunächst im Sauerland und erwarb später in Paderborn einen Hof. Ein weiterer Bruder Hermann folgte einer Berufung in ein Kloster bei Kopenhagen. Zwei Schwestern verheirateten sich in Thüle und Verne. Das man unter Übergehung der eigenen vier Töchter aus der Verwandtschaft einen Hoferben zum Erhalt des Namens berufen hätte, war weder damals noch heute üblich. Eine Möglichkeit, durch Umbenennung des Namens eines Schwiegersohnes war nicht gegeben. Seit Erlass des Familiennamensgesetzes im Jahre 1976 bilden diese Fragen kein Problem mehr, da man sich bei Eheschließung bekanntlich auch für den Namen der Frau als Familiennamen entscheiden kann. Joseph Bathe löste diese Frage auf eigene Weise. Anstelle eines fehlenden männlichen Nachkommens wurde ein steinerner Zeuge in Gestalt einer Kapelle als Namensträger errichtet. Im Volksmund wird sie noch heute „Bathen-Kapelle“ genannt,  womit der Wunsch des Erbauers in Erfüllung gegangen ist.

Bei der Errichtung im Jahre 1887 stand sie isoliert, im freien Feld, diente bei Bitt- und Dankprozessionen als Schutzhaus für das Allerheiligste, und die Möglichkeiten der Pflege und Ausgestaltung durch Blumen,  Bilder usw. waren vielseitig und brachten dem Namen Bathe Ehre und Gedenken ein. Man nutzte sie bei Prozessionen als Station, so z. B. als vierte Station bei der „Großen Liebfrauentracht“, einer Prozession zur Marienverehrung, die man nach alten Urkunden auf das Jahr 1256 zurückführen kann und die über Jahrhunderte von Verne nach Salzkotten, Vielsen, Upsprunge und Geseke führte, später aber auf die Gemarkung Verne begrenzt blieb und Ende der 60er-Jahre ganz eingestellt wurde. Ausgestattet ist die Kapelle mit einer Herz-Jesu-Figur in einer Nische, vor der ein Steinpodest angebracht ist, das zum Aufstellen von Blumen und Kerzen dient, die Inschrift trägt: „Hör, Jesu, meine Bitte, nur eins verlang ich hier, in Deines Herzens Mitte gib eine Zuflucht mir!“. Ob diese Figur nebst Steinpodest mit Inschrift seit der Erbauung oder erst ab einem späteren Zeitpunkt  die Kapelle ziert, lässt sich nicht mehr ermitteln. Wegen der Figur wurde sie auch vereinzelt auch „Herz-Jesu-Kapelle“ genannt. Ihr architektonisches Erscheinungsbild entspricht dem Zeitalter der Erbauung. Im 19. Jahrhundert griff man ganz überwiegend mangels schöpferischer Eigenart zu verschiedenen Stilformen vergangenen Zeiten, was zu einem Stilpluralismus  und einer eklektischen Stilvermischung führte. Diese Tendenz lässt sich auch an der Bathe-Kapelle ablesen.  Sie zeigt mehrere Stilelemente, wobei gotische und romanische dominieren. Architekt und Baumeister konnten bisher nicht ermittelt werden. Wohl bestehen am Jahre der Errichtung keine Zweifel, denn im Podest fand sich die Inschrift: „1887 Horstmann, Delbrück, Maler.“ Als die Nutzung Ende der 60er-Jahre eingestellt wurde, verfiel das Bauwerk immer mehr, zumal das Gelände im Zuge des Ausbaues von Sportstätten in der Nachbarschaft in öffentliches Eigentum überging und sich kein Privatmann mehr für den Erhalt und die Pflege verpflichtet fühlte. Der Abriss war schon im Gespräch, als sich der Heimatverein Verne 1980 des Objektes annahm und sich entscheidend für die Restaurierung einsetzte. Ein Kostenvoranschlag von 20.000 DM ließ die Pläne vorübergehend ins Wanken geraten. Dann griff man zu Eigenleistung, so dass lediglich das Material aufgebracht werden musste, was einen Bruchteil der vorgenannten Summe ausmachte. Von außen und innen in den Jahren 1982 und 1983 gründlich erneuert, konnte am 09.10.1983 die Neueinsegnung durch Pastor Appelhans erfolgen. Seit diesem Zeitpunkt versieht der Heimatverein und einige Mitbürger der Gemeinde die Pflege, und ihm ist es zu verdanken, dass dieser steinerne Zeuge das 1. Jahrhundert überschritten hat. Zur Familiengeschichte des Hofes Bathe sei noch erwähnt, dass der Name Dietz durch Einheirat die nächste Generation nach dem Erbauer bildete. Im Kataster erfolgte die Umschreibung im Jahre 1914. Der einzige Sohn der Familie Dietz kehrte aus dem Kriege nicht mehr heim. Als Folge wechselte abermals der Name des Hofes, denn eine Tochter Dietz heiratete Wilhelm Wenniges. Hier erfolgte die Umschreibung des Katasters 1952.

Eigentümer des Platzes der Kapelle mit dem umliegenden Gelände ist heute die Stadt Salzkotten, und zwar seit 1978. Der Wunsch des Erbauers ist voll in Erfüllung gegangen, denn der Name Bathe lebt in Verne in der Bathe-Kapelle fort, zumal im Zuge der Restaurierung im Inneren ein Stein mit dem Erbauungsjahr und Name des Erbauers eingetragen wurde.  Möge sie noch lange Jahre als Ort innerer Ruhe und zum Verweilen im Gebet dienen. Vielleicht kann diese eigenartige Entstehungsgeschichte Anreiz sein, besondere Anliegen durch steinerne Zeugen der Nachwelt und der Geschichte zu überliefern.

„Aus den Erzählungen meiner Mutter, eine Enkelin des Josef Bathe, weiß ich von der Existenz eines reparaturbedürftigen Feldkreuzes. Wo es damals in der Feldflur stand, ist mir nicht bekannt. Josef Bathe soll ein tiefgläubiger Mann gewesen sein, und deshalb errichtete er im Jahr 1887 vielleicht als Ersatz für das Feldkreuz, die Kapelle am Ausgang des Dorfes auf seinem Grundstück am heutigen Friedhof. Josef Bathe hatte mit seiner Frau vier Töchter und einen Sohn. Sohn Johannes war vorgesehener Hoferbe. Er verstarb aber schon mit 18 Jahren an einer Lungenerkrankung.“ 5)

Quellen:

  1. Auskünfte Georg Bathe, Paderborn (Neffe des Erbauers)
  2. Das wundertätige Gnadenbild zu Verne (Herausgeber: Pfarrgemeinderat Verne, 1982)
  3. Chronik der Stadt Salzkotten, Band 30 (Hans Kohlenberg 1981)
  4. Chronik der Stadt Salzkotten, Band 31 (Hans Kohlenberg 1984)
  5. Auskünfte Anni Langehenke, Urenkelin des Erbauers Josef Bathe

Zerstörung

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