Etwa 200 m nördlich des Dorfkerns erheben sich in etwas versteckter Lage hart am rechten Ufer der Heder die Ruinen der alten Vernaburg. Zutreffender wäre der Name Krewetburg, da sie als Wohnsitz dieses Adelsgeschlechtes gedacht war, nachdem der Gründer, der Ritter Wilhelm von Krewet, seine Residenz auf dem Burgmannshof „Freiheit“ im Weichbilde von Salzkotten aufgegeben hatte und nach Verne an die Heder übergesiedelt war. Der Name Vernaburg könnte den Adelssitz mit dem heimischen Geschlecht der Herren von Verne in Verbindung bringen, die im Hochmittelalter ihre Residenz auf einem Hügel am Flussufer der Bohmke erbaut hatten, dem sogenannten Eulenknapp, der in Auswirkung der Markenteilung leider fast völlig abgetragen worden ist. Nach der Gründung der Krewetburg trat das Dorf Verne seit dem Jahre 1607 zum zweiten Male als Rittersitz in Erscheinung, während auf der „Freiheit“ in Salzkotten nur der Rentschreiber der Familie als Verwalter des adeligen Grundbesitzes bis zum Aussterben der Familie Krewet seine Wohnung behielt.
Eine Besichtigung der Ruinen lässt erkennen, dass der Rittersitz Vernaburg den Charakter einer kleinen westfälischen Wasserburg trug, die durch Ringmauer und Gräfte doppelt gesichert war. Sie zeigte in ihrer Gliederung verwandtschaftliche Züge mit dem alten Wasserschloss Neuhaus und mit der Bergfeste Wewelsburg. Die Gesamtanlage bildete ein Rechteck von 100 zu 180 m. Der heute morastige und mit hohem Schilf bewachsene Wassergraben, der an der Südseite von der Heder gespeist wurde, war in gepflegtem Zustande 11 m breit. Die Längsachse des Baues verlief von Süden nach Norden, so dass die Hauptfront nach Norden ausgerichtet war. Wie fast alle Wasserburgen, so war auch diese Anlage in eine Vor- und Hauptburg gegliedert, die wieder durch ein 17 m breite Gräfte geschützt war. Auf der Vorburg sind Bauwerke älteren Datums nicht mehr erhalten. Der Hauptbau, ein Quadrat von 75 m Seitenlänge, war durch einen quadratischen Mauer- und Wallring doppelt gesichert. Die Mauern endeten an den Wehrtürmen. Durch die Überflutung des Geländes zwischen Burghaus und Wall konnte das Wohngebäude noch zusätzlich geschützt werden. Das Sockelgeschoss des Burghauses wird ein Tonnengewölbe getragen haben. Die 4 Gewölbe- oder Stichkappen liefen an der Nordwestfront in Schießscharten aus. Die Höhe des Erdgeschosses betrug 3.18 m. Im Innern des Obergeschosses sind an der Nordwestwand noch die Reste von 2 Kaminen mit verzierten Wandkonsolen erhalten. Die breiten, dreiteiligen Fenster im Erd- und Obergeschoss sowie am Eckturm sind erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts eingebaut worden. Gleichzeitig ist auch die Ruine des Turmes 1 m höher gezogen und gegen Verwitterung mit einem Dach versehen. Die 3 verschiedenen großen Ecktürme in dem Wohngebäude sind noch zu sehen, wogegen der nördliche Turm fehlt. Eine große Anzahl von Schießscharten ist noch sichtbar. Der Ostturm, eine Art von Wartturm oder Burgfried, wird als Wachstube gedient haben, da in seinem Erdgeschoss noch die Reste eines mit Ziegelsteinen eingefassten Wandkamins zu erkennen ist. Darunter deutet ein tiefer Keller das Burgverlies an.
Den Eingang an der Ostseite bildete das durch einen Rundbogen überwölbte Burgtor, dessen Ansatz noch auszumachen ist. Eine besondere bauliche Note hat der ziemlich gut erhaltene Ostgiebel aufzuweisen. Er war als Volutengiebel aus festen Bruchsteinen mit Werksteineinfassungen aufgeführt, dreifach treppenförmig abgestuft und trug zum Schmuck in den Absätzen Eckfüllungen mit Voluten, die von Hermen und Pilastern in der Wandfläche begrenzt wurden. Jede der 3 Stufen war mit barocker Ornamentik ausgestattet, deren Schnörkelwerk hörnerartig aus der Grundfläche herausragte. Am Fuße des Ostgiebels ist ein wenig versteckt auch das Gründungsjahr 1607 in den Sandstein eingemeißelt.
Der gut erhaltene runde Eckturm trägt an der Außenseite des Obergeschosses einen an dieser Stelle fremdartig wirkenden Schmuck. Es ist eine Art dreiteiliges Epitaph aus Sandstein, das sich gerade im Barockzeitalter großer Beliebtheit erfreute. Das Steinbild zeigt die Darstellung des Sündenfalles, die im Mittelfeld von 2 Karyatiden begrenzt wird. In einer halbrunden Nische des Oberteiles ist die Caritas mit zwei seitlich flankierenden Putten dargestellt. Darüber steht eine Figur, die vielleicht die Gerechtigkeit versinnbilden könnte. Den unteren Abschluss bildet eine Kartusche mit dem Familienwappen, das von zwei Knaben gehalten wird. Im geteilten ovalen Wappenschild erscheinen ein aufrecht stehender Krebs und ein Turnierkragen mit waagerechten Balken, die Wappen Krewet und Westphalen. Das Epitaph war ursprünglich in Farbe gesetzt. Reste dieser früheren Bemalung lassen erkennen, dass die Nische der Caritas rot, die Haare der Eva und der Apfel des Paradieses vergoldet waren. Am Eingang der Burg sind noch die aus der Mauer heraustretenden Kragsteine oder Konsolen sichtbar, die als Tragsteine in Verbindung mit den Mauerschlitzen der Zugbrückeneinrichtung dienten. Reste des ursprünglichen Torhauses sind ebenfalls erkennbar. Zur Burg gehörte früher auch noch die Mühle. Diese historische Mühle Zinselmeier, heute Schäfermeier, ist eine Gründung des Ritters Wilhelm Krewet, der mit Erlaubnis des Fürstbischofs Dietrich von Paderborn vom 27.1.1596 an der Heder eine Mahlmühle anlegte, die er mit Genehmigung des Fürsten vom 23.10.1604 durch die Anlage einer Bukemühle erweitern durfte.
Eine große strategische Bedeutung konnte diese in erster Linie als Familiensitz gedachte kleine Wasserburg schon wegen ihrer von jeder Verkehrslinie abseitigen Lage nicht gewinnen. Über ihr Schicksal sind zuverlässige Quellen nicht mehr vorhanden. Jedenfalls hat sie im Dreißigjährigen Kriege neben ihren heißumkämpften Nachbarburgen Boke, Neuhaus und Wewelsburg keine militärische Rolle gespielt. Nur in Verbindung mit dem traurigen Schicksal der Stadt Salzkotten findet sie eine kurze Erwähnung. Am 22.12.1633 sollten auf der Vernaburg die Waffenstillstandsverhandlungen die Kapitulation von Salzkotten einleiten. Der schwedische Generalfeldmarschall Dido von Knipphausen und der Landgraf Philipp von Hessen aber brachen die Unterhandlungen kurzerhand ab, ließen die Stadt erstürmen und richteten ein furchtbares Blutbad unter der unglücklichen Bevölkerung an. Als des Erbauers Sohn, der Ritter Dietrich Wilhelm von Krewet, ohne männlichen Erben starb, fiel die Burg an die Herren von Brenken zu Erpernburg. Die den Rittersitz als Residenz nicht auswerten konnten. Lange Zeit unbewohnt, musste die Burg in Verfall geraten. Nach der Tradition ist sie dann im Siebenjährigen Kriege in Brand gesteckt worden. Damit war ihr Schicksal entgültig besiegelt. Die ausgebrannte Ruine diente zum Ausschlachten und soll noch gegen Ende des Krieges ihre Steine zum Bau einer Feldbäckerei geliefert haben.
Quelle: Stadt und Amt Salzkotten, Westfalen-Druckerei Ed. Schöningh KG, Paderborn 1970